Zuerst ein nüchterner Blick auf die Schwierigkeiten: Im März 2024 haben so viele Unternehmen Insolvenz angemeldet wie seit Mitte 2016 nicht mehr. Die voraussichtlichen Forderungen erreichten im März knapp 3,7 Milliarden Euro, im Februar waren es sogar mehr als 4 Milliarden Euro. Auf das Gesamtjahr betrachtet, dürften wir bei deutlich mehr als 40 Milliarden Euro angemeldeten Forderungen landen. Die Zeit der staatlichen Stützungsprogramme ist vorbei, Corona und Energiekrise haben aber viele Unternehmen geschwächt zurückgelassen.
Diese Entwicklung spiegelt sich in den Finanzierungskonditionen wider. Beispiel Baubranche: Mehrere Banken haben zuletzt Bauunternehmen in ihren internen Ratingsystemen generell um 3 bis 4 Notches herabgestuft. Das trifft auch Bauunternehmen, die eigentlich sehr solide dastehen. Auch zwei Kautionsversicherer haben sich aktuell aus dem Bausegment zurückgezogen.
Die veränderten Risikobewertungen bei den Banken führen dazu, dass sie die Kredite mit mehr Eigenkapital unterlegen müssen. Das macht nicht nur Finanzierungen teurer, sondern kann dazu führen, dass bestimmte Bonitäten gar nicht mehr bedient werden. Auch wer sich sicher fühlt, kann rasch in Liquiditätsnöte geraten: Das Atradius-Zahlungsbarometer zeigt, dass inzwischen 57 Prozent der Forderungen verspätet gezahlt werden. Wehe dem, der in diesen Zeiten ohne Kreditversicherung Geschäfte macht.
Auf der anderen Seite haben einige Branchen eine wahre Sonderkonjunktur. Verteidigungsgüter sind seit der russischen Invasion in der Ukraine besonders gefragt. Die NATO-Budgetvorgabe von mindestens 2 Prozent des BIP hat Deutschland (leicht) übertroffen, ein Novum nach Jahren der Ausgabenzurückhaltung. Insgesamt 23 der 32 NATO—Bündnisländer werden die Vorgabe erreichen. Zehn Jahre zuvor waren es nur zehn gewesen. Wegen der langwierigen Vergabeverfahren ist das Budget noch längst nicht überall angekommen, doch Rüstungsunternehmen sind im Aufwind. Auch der Bau erlebt trotz Schuldenbremse eine hohe Nachfrage, wenngleich nicht im Wohnungs- und Bürobau. Aber Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen, ob Verkehr oder Energie, sind (trotz Schuldenbremse) hoch. Hier gibt es zahlreiche Unternehmen, die sich vor Aufträgen kaum retten können. Diese Unternehmen haben ganz andere Sorgen: Wie bekomme ich rasch meine Kautionsversicherungslinien erhöht bei langlaufenden Projekten, die immer größer und zahlreicher werden?
Auch wer nicht von besonders starker oder schwacher Nachfrage betroffen ist, sollte die aktuellen Entwicklungen bei den Finanzierungskonditionen verfolgen. Auch wenn die EZB die Zinsen leicht gesenkt hat, sollte eher mit steigenden Finanzierungskosten kalkuliert werden. Umso wichtiger, einen Überblick über Anbieter und Optionen zu haben.
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